Geschichte - Die Zeit

Die Mode der 20er und 30er Jahre – Streifzug durch die Herrenmode

Nach dem Ersten Weltkrieg orientierte sich die deutsche Herrenmode an einem «internationalen Kleidungsstil». Dieser schrieb einen Sakkoanzug vor, dessen Taille sehr hoch gesetzt war, so dass der Schoß trotz seiner Länge kaum das Gesäß bedeckte. Die Revers der Sakkos waren breit und ansteigend, aber nicht mehr lang; vorne besaßen sie nur zwei Knöpfe, wovon der unterste in der hohen Taille saß, und die Taschen hatten Klappen. Die Hosen, sogenannte Korkenzieherhosen, saßen im Bund bequem und wurden nach unten enger.

Mitte der 20er Jahre änderte sich die Form des Sakkos. Er war nur noch leicht tailliert, die Weste im Ausschnitt sichtbar und die Hose gleichmäßig weit. Auch das Angebot an Mustern, Karos, Punkten, Sprenkel und Streifen wurde größer. An Farben waren neben Grau besonders Blau und sattes Braun beliebt. Allzu Modisches und Ausgefallenes (Dandymode) aber blieb der Jugend, den Individualisten und Intellektuellen vorbehalten, die sich besonders in den weiten Tangohosen gefielen. Diese aus England stammenden Hosen (dort «Oxford bags») wurden ursprünglich von Oxford-Studenten getragen, die sich, um nach dem Rudern nicht zu frieren, sehr weite Hosen über ihre Shorts zogen.

Als Repräsentations-, Gesellschafts- und Abendanzug wurden dem Anlass entsprechend Gehrock, Cutaway, Smoking und Frack getragen. Von den Abendanzügen unterlag am meisten der Smoking den modischen Neuerungen. Er wurde ähnlich dem Sakkoanzug geschnitten.

Als Sportkleidung war eine besonders weite Knickerbocker mit großem Überfall (Plus-fours) modern, zu der eine Sportjoppe mit abgesteppten Nähten, aufgesetzten Taschen und Gürtel getragen wurde.

1929 – noch vor der Weltwirtschaftskrise – kam es zu einer auffallenden Veränderung in der Herrenmode, die mit nur wenig Änderungen auch in den dreißiger Jahren bestimmend blieb. Der Oberkörper wurde durch breite gepolsterte Schultern wieder stärker, die Taille hingegen nur mäßig betont, wobei der Schoß eng an den Hüften lag. Der Sakko war ziemlich lang mit breitem und langen Revers, das steigend gearbeitet war, so dass die breiten Schultern noch mehr zur Geltung kamen. Im Allgemeinen trug der Herr einen einreihigen Sakko mit drei Knöpfen, wobei nur der mittlere Knopf geschlossen wurde. Der doppelreihige Sakko war dagegen für offizielle Anlässe am Tag gedacht. Nie durfte dabei ein weißes Stecktuch in der Brusttasche fehlen. Die weiten und gerade geschnittenen Hosen wurden durch kleine Stulpen bereichert. Als Modefarben galten Marineblau, Indigoblau, Eisengrau, Muskat- und Havannafarben.

Bei den Abendanzügen richtete sich hauptsächlich der Smoking nach der modischen Fasson des Sakkoanzugs. Die Smokingweste wurde nach und nach durch den Kummerbund (Leibbinde aus schwarzer Seide) ersetzt. Der Frack bekam lediglich eine modische weite Hose. Die Sportkleidung veränderte sich kaum gegenüber jener der zwanziger Jahre. Allerding trugen die Herren diese nun immer mehr auch tagsüber in der Stadt, so dass die Herrenschneider gegen die Unsitte protestierten, bei jeder Gelegenheit mit Knickerbockern oder Lederhosen umherzulaufen. Im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten prägten auch zunehmend Uniformen das Erscheinungsbild der Straße.

Während des Zweiten Weltkriegs änderte sich die Herrenkleidung kaum. Um seine wenigen Anzüge zu schonen, trug der Herr meist auch zu privaten Anlässen Uniform. Nach Kriegsende war die Bekleidung für den Herren infolge der Stoffrationierung besonders schwierig. Die vorhandene Garderobe wurde zunächst aufgetragen. Die Kombination gemusterter Sakko und einfarbige Hose war häufiger anzutreffen, da sie den Herren eine größere Abwechslung in der Garderobe bot.

Die Nachkriegssakkos waren überweit und sackartig. 1947 kam jedoch aus den USA die V-Linie mit breiten, die Schultern betonenden und um die Hüften anliegenden, relativ langen Sakkos, bei denen das steigende Revers sehr breit mit betont spitzen Ecken und gerollt gearbeitet war.

 

Streifzug durch die Damenmode

Zu Beginn der 20er Jahre waren die Tageskleider weit und lose geschnitten. Als Blickfang wurde um die tiefangesetzte Taille eine Schärpe, Schleife oder ein modischer Gürtel drapiert.

Im Jahr 1924 kam jene Mode auf, die sich über vier Jahre lang hielt und als "Mode der 20er Jahre" (Charlestonmode) bis heute ein Begriff blieb. Die kaum knielangen Kleider mit geradem, losem Oberteil und mit in Hüfthöhe angesetztem, plissiertem oder glockig schwingendem Rock waren betont schmal geschnitten, meist hochgeschlossen und mit kindlichem Bubikragen oder strengem Hemdkragen aufgeputzt. Krawatten, Jabots, bunte Blenden, Schleifen und Gürtel belebten sie. Die Modelle unterschieden sich weniger im Schnitt als in den Details.Abendkleider entsprachen in ihrer geraden Linie den Tageskleidern. Vorder und Rückendekolleté waren gleich groß, so dass das Kleid oft nur durch zwei Spaghettiträger gehalten wurde. Der einfache Schnitt wurde durch teure Stoffe und ausgefallenen Aufputz ausgeglichen. Ab Mitte der 20er Jahre wurde sogar Bein gezeigt. Der Saum wurde allerdings bereits 1927 wieder länger, wobei der Rock oft zipfelig, vorne kurz und hinten lang war. Gleichzeitig rückte die Taille allmählich wieder an die natürliche Stelle.

Gegen Ende der 20er Jahre kündigte sich eine neue, sehr feminine Modelinie an. Das figurbetonte wadenlange Prinzesskleid bestimmte die Mode der 30er Jahre. An den Hüften lag es eng an und wurde zum Saum hin glockig weit. In den Jahren 1933/34 änderte sich durch eine stärkere Betonung des Oberkörpers die Silhouette leicht. Die Schultern wurden durch große Puffärmel, Rüschen, Falten oder kurze Boleros betont. Eine asymmetrische Drapierung des Oberteils galt als besonders schick.

1938 kam eine neue, strengere Modelinie auf, bei der die Schultern extrem betont und grotesk verbreitert wurden. Gleichzeitig trug man den Rock jetzt kürzer, so dass er gerade noch das Knie bedeckte. Der um die Hüften enge Rock wurde vielfach zugunsten von Falten- und Glockenröcken aufgegeben. Pepita, Streif- und Punktmuster sowie Pastelltöne herrschten vor.

Stoffrationierung und der Zwang, sich praktisch und einfach zu kleiden, unterbrachen jede modische Entwicklung während des Zweiten Weltkriegs. Die bereits vor dem Krieg herrschende Mode der Kleider mit breiten, männlichen Schultern und kurzen Röcken veränderte sich nur unwesentlich. Unter der Devise "Aus Alt mach Neu" wurden in Frauenzeitschriften Ratschläge zum Kombinieren verschiedenster vorhandener Stoffe und zum ersetzen schadhafter Stellen erteilt. Um Stoff zu sparen, verschwanden Aufputz und Zierat.

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